Ablauf des Einigungsstellenverfahrens

In der modernen Arbeitswelt sind Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern unvermeidlich. Konfliktsituationen können zu intensiven und anspruchsvollen Verhandlungen zwischen den Parteien führen. Nicht selten erreichen die Verhandlungen einen Punkt, an dem zumindest eine der beteiligten Parteien keine Möglichkeit mehr sieht, zu einer Einigung zu kommen und weitere Verhandlungen im bisherigen Rahmen als aussichtslos ansieht. Um diese Konflikte zu lösen, hat der Gesetzgeber das Instrument der Einigungsstelle geschaffen.

Hier erfährst Du, wie Einigungsstellenverfahren funktionieren, auf welchen rechtlichen Grundlagen sie basieren und wie sich der Ablauf gestaltet. 

 

Errichtung der Einigungsstelle 

Die Errichtung einer Einigungsstelle folgt einem klaren Verfahren. Zunächst ist ein Antrag auf Einberufung der Einigungsstelle nach § 76 Abs. 5 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) erforderlich. Dieser Antrag kann sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Betriebsrat gestellt werden. Wird der Antrag vom Betriebsrat gestellt, bedarf er der vorherigen Zustimmung durch Betriebsratsbeschluss. Nach der Beantragung der Einigungsstelle übernimmt der Antragsteller die Rolle des Initiators. Er schlägt einen unparteiischen Vorsitzenden für die Einigungsstelle vor, der während des Verfahrens eine neutrale und ausgleichende Rolle einnimmt. Darüber hinaus wird die Anzahl der Beisitzer in der Schlichtungsstelle festgelegt. Transparenz und Unparteilichkeit spielen dabei eine große Rolle. Beide Seiten – Arbeitgeber und Betriebsrat – müssen im nächsten Schritt ihre Beisitzer auswählen. Die Auswahl richtet sich nach den Interessen und Fähigkeiten der Vertreter. Die Beisitzer sollen die Interessen ihrer jeweiligen Seite vertreten und so für ein ausgewogenes Kräfteverhältnis in der Einigungsstelle sorgen. Sowohl über den Vorsitzenden als auch über die Anzahl der Beisitzer ist Einvernehmen zwischen den Beteiligten herzustellen. Diese Einigung stellt sicher, dass das Schlichtungsverfahren fair abläuft und die Interessen beider Seiten angemessen berücksichtigt werden. Kommt eine Einigung über den Vorsitz und die Beisitzer zustande, ist die Einigungsstelle konstituiert. Kommt eine Einigung nicht zustande, kann nach § 76 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG das Arbeitsgericht entscheiden. Dies unterstreicht die Bedeutung einer sachlichen und konstruktiven Zusammenarbeit während des gesamten Einigungsstellenverfahrens.

Gibt es Konflikte in Deinem Unternehmen, die Du beseitigen möchtest?

Bist Du Dir sicher, dass Du eine Einigungsstelle anrufen willst und wünschst Dir dabei eine umfassende Unterstützung? Wir begleiten Dich dabei von Anfang bis Ende der Einigungsstelle. Wir helfen Dir ebenso schnell wie effektiv weiter und beraten Dich in Bezug auf alle anstehenden Schritte. 

Vorbereitung auf die Einigungsstelle 

Die erfolgreiche Vorbereitung einer Einigungsstelle erfordert ein gezieltes Vorgehen. Hilfreich ist zunächst eine Vorbesprechung, in der die beteiligten Betriebsratsmitglieder und die benannten Beisitzer gemeinsam das Verfahren planen. In diesem Schritt geht es darum, zu überlegen, welche Ziele Du als Betriebsrat verfolgst und welche Lösung für Dich optimal wäre. Überlege Dir auch, welche Ziele Dein Arbeitgeber verfolgen könnte und bereite entsprechende Gegenargumente vor.

Ein weiterer Schritt, der für das Verfahren hilfreich sein kann, ist die Erstellung eines Aufgabenkatalogs. Hier werden die anstehenden Aufgaben einzeln aufgelistet und unter den Beteiligten verteilt. Dabei ist es wichtig, den festgelegten Zeitrahmen einzuhalten, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Eine klare Aufgabenverteilung vermeidet Doppelarbeit und fördert eine zielgerichtete Arbeitsweise. Parallel dazu erfolgt die Zusammenstellung aller notwendigen Unterlagen. Alle für das Verfahren erforderlichen Unterlagen sind zusammenzustellen. Fehlen Unterlagen, müssen diese beim Arbeitgeber angefordert werden, um eine vollständige Verhandlungsgrundlage zu haben. Außerdem muss die Belegschaft über die Einigungsstelle informiert werden. Die Einschaltung einer Einigungsstelle und die Absicht des Betriebsrats sollten transparent kommuniziert werden. Eine offene Kommunikation schafft Verständnis und stärkt das Vertrauen der Belegschaft in den Betriebsrat.

Für das Verfahren selbst sollten neben einer Strategie auch Alternativvorschläge überlegt werden, wie z.B. die Möglichkeit einer Sitzungsunterbrechung. Es ist ratsam, bereits im Vorfeld zu überlegen, bei welchen Positionen Abstriche gemacht werden können, um Raum für Kompromisse zu schaffen. Die Bereitschaft, flexibel zu sein und Kompromisse einzugehen, kann den Weg zu einer erfolgreichen Einigung ebnen. Insgesamt gilt es, alle Schritte der Vorbereitung sorgfältig zu durchdenken, um für die Schlichtungsverhandlung optimal vorbereitet zu sein.

 

Das Einigungsstellenverfahren 

Nach Einsetzung der Einigungsstelle beginnt das eigentliche Einigungstellenverfahren. Dieses Verfahren kann entweder direkt im Betrieb oder an einem neutralen Ort stattfinden, um eine unparteiische Atmosphäre zu gewährleisten. Während des Verfahrens übernimmt der zuvor bestimmte Vorsitzende die Leitung der Einigungsstelle. Kern des Verfahrens ist eine mündliche Beratung. Dabei trägt die anrufende Partei die Beweislast. Die teilnehmenden Vertreter beider Parteien haben die Möglichkeit, ihre Überzeugungen und Argumente zur Klärung ihrer Positionen vorzutragen, während der Vorsitzende als Moderator fungiert. Seine Aufgabe ist es, die Parteien zu ermutigen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Die Gesprächsrunden zwischen den Parteien können so oft wie nötig wiederholt werden, um eine Annäherung der Standpunkte zu erreichen. In diesem Prozess werden verschiedene Ansätze diskutiert und verhandelt, um zu einer Einigung zu gelangen.

 

Die Diskussion im Verfahren 

Die eigentliche Diskussion beginnt, wenn die Einigungsstelle zusammentritt. Jede Partei hat die Möglichkeit, ihre Standpunkte und Argumente darzulegen. Dies geschieht in der Regel in Form von mündlichen Vorträgen, die durch schriftliche Unterlagen unterstützt werden können. Der Vorsitzende achtet darauf, dass beide Seiten fair gehört werden und niemand benachteiligt wird. Nachdem beide Seiten ihre Standpunkte dargelegt haben, kann eine offene Diskussion zwischen den Vertretern und dem Vorsitzenden stattfinden. Dabei können Fragen gestellt, Unklarheiten beseitigt und Argumente vertieft werden. Ziel ist es, eine umfassende Grundlage für die anschließende Lösungsfindung zu schaffen.

 

Konfliktschilderung der Standpunkte 

Im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens ist es für den Betriebsrat von großer Bedeutung, die Konflikte und Standpunkte klar und deutlich darzustellen. Dabei sollte eine sachliche und gut strukturierte Darstellung gewählt werden. Zunächst ist es wichtig, die konkreten Konfliktpunkte klar zu benennen und zu beschreiben, welche Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bestehen.

Die Positionen beider Seiten sollten ausführlich dargestellt werden. Dabei ist es wichtig, die jeweiligen Argumente, Motive und Interessen transparent darzustellen. Eine klare Gliederung kann helfen, die Informationen übersichtlich darzustellen. Es empfiehlt sich auch, auf relevante rechtliche Rahmenbedingungen und betriebliche Auswirkungen einzugehen, um den Kontext der Konflikte verständlich zu machen.

Schließlich ist es hilfreich, die Auswirkungen der Konflikte und die Bedeutung der getroffenen Entscheidungen für das Unternehmen, die Beschäftigten und das Betriebsklima zu beleuchten. Eine sachliche und präzise Darstellung der Konflikte und Standpunkte ermöglicht es der Einigungsstelle, sich ein umfassendes Bild von der Situation zu machen und auf dieser Grundlage eine faire Lösung zu finden.

 

Die Einigungsfindung 

Ziel des Einigungsstellenverfahrens ist es, eine Einigung zu finden, mit der beide Parteien einverstanden sind. Dazu müssen sich die Parteien gegebenenfalls nach Darlegung ihrer Standpunkte dazu bereiterklären, einen Kompromiss einzugehen und sich einander anzunähern. Dazu sind Geduld und Offenheit für die Ansicht der anderen Partei erforderlich. Darüber hinaus ist oftmals Kreativität geboten, um bestenfalls eine Win-win-Lösung zu finden, mit der beide Seiten zufrieden sind. Das Einigungsstellenverfahren kann hier Raum bieten, alternative Ansätze zu erkunden, die in direkten Verhandlungen möglicherweise nicht in Betracht gezogen werden. 

 

Nach dem Beschluss 

Innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Spruchs haben beide Parteien die Möglichkeit, den Spruch gerichtlich überprüfen zu lassen, z.B. wenn eine Ermessensüberschreitung der Einigungsstelle vermutet wird. Während des Verfahrens zur möglichen Aufhebung des Spruchs der Einigungsstelle durch das Arbeitsgericht bleibt der Spruch der Einigungsstelle vorläufig verbindlich. Im Einzelfall kann auch eine einstweilige Verfügung erforderlich sein, um die Umsetzung zu sichern.

 

Umsetzung der Ergebnisse 

Nach dem Einigungsstellenverfahren gilt es nun, die beschlossenen Ergebnisse angemessen umzusetzen und sicherzustellen, dass die getroffenen Vereinbarungen erfolgreich in die Praxis etabliert werden. Dies erfordert eine sorgfältige und proaktive Herangehensweise. Klare Kommunikation, Überprüfung der Einhaltung, angemessene Reaktion auf Verstöße und die Berücksichtigung von Mitarbeiterfeedback sind entscheidend, um eine erfolgreiche Umsetzung zu gewährleisten. Die folgenden Schritte können dabei hilfreich sein:

Bewertung des Ergebnisses:  

Hier kann überprüft werden, ob die getroffenen Vereinbarungen den gewünschten Zielen entsprechen und ob die Interessen der Beteiligten angemessen berücksichtigt wurden. Gegebenenfalls ist zu überlegen, wie sich das Ergebnis langfristig auf die Arbeitsbedingungen und das Betriebsklima auswirkt.

Mitarbeiter informieren und Ergebnis erläutern:  

Beginne mit der Mitteilung des erreichten Ergebnisses an die Mitarbeiter. Erkläre das Ergebnis detailliert und liefere eine gründliche Begründung für die getroffenen Vereinbarungen. Dies fördert sowohl das Verständnis als auch die Akzeptanz der Mitarbeiter für die neuen Regelungen. 

Einhalten der vereinbarten Regelungen:  

Stelle sicher, dass die festgelegten Regelungen ordnungsgemäß umgesetzt werden. Hierzu können Stichproben durchgeführt und Mitarbeiter befragt werden. Falls der Arbeitgeber die vereinbarten Regelungen nicht einhält, ergreife angemessene Maßnahmen. Du kannst schriftlich Kontakt zum Arbeitgeber aufnehmen, um die Verstöße anzusprechen. Falls erforderlich, gilt es eine Abmahnung zu formulieren, um die Einhaltung der Vereinbarungen sicherzustellen. 

Zufriedenheit der Kolleg:innen prüfen:  

Frage die Kolleg:innen nach ihrer Zufriedenheit mit den Ergebnissen der Einigungsstelle. Berücksichtige ihr Feedback und ermittle, ob sie mit den getroffenen Vereinbarungen glücklich sind. Sollten Unzufriedenheiten bestehen, erwäge mögliche Verbesserungsvorschläge und prüfe die Erfolgsaussichten einer Anpassung. 

Kündigung des Ergebnisses der Einigungsstelle:  

Sollte es notwendig sein, das Ergebnis der Einigungsstelle zu kündigen, beachte die festgelegten Fristen. Das Ergebnis kann gegebenenfalls gekündigt werden, wenn dies im Interesse des Betriebsrats und der Kolleg:innen liegt, um erneute Verhandlungen oder Anpassungen zu ermöglichen. 

 

Arten des Einigungsstellenverfahrens 

Es gibt zwei verschiedene Arten des Einigungsstellenverfahren, welche besondere Rahmenbedingungen mit sich bringen können.  

Freiwillige Einigungsstellenverfahren 

In Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit des Betriebsrats fallen und für die das Betriebsverfassungsgesetz keinen erzwingbaren Spruch der Einigungsstelle vorsieht, kann ein freiwilliges Einigungsstellenverfahren durchgeführt werden. In diesem Fall kommt die Einigungsstelle nur zustande, wenn beide Betriebspartner damit einverstanden sind und den Antrag gemeinsam stellen. Haben beide Seiten dem Spruch der Einigungsstelle von vornherein zugestimmt oder nehmen sie ihn nachträglich an, so tritt er an die Stelle einer Vereinbarung zwischen den Betriebsparteien.

Erzwingbare Einigungsstellenverfahren 

Eine weitere Möglichkeit ist das erzwingbare Einigungsstellenverfahren, das in Angelegenheiten der vollen Mitbestimmung durchgeführt werden kann. In diesen Fällen kann der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen. Die gesetzliche Grundlage hierfür findet sich in § 87 Abs. 2 BetrVG.

 

Bedeutung des Einigungsstellenverfahrens 

Insgesamt stellt der Einsatz von Einigungsstellenverfahren eine wichtige Methode zur Konfliktlösung und Weiterentwicklung der betrieblichen Mitbestimmung dar. Die klare Struktur und die Möglichkeit der schriftlichen Dokumentation schaffen eine faire und transparente Verhandlungsbasis zwischen den Parteien. Ein gutes Verständnis dieser Verfahrensarten ist entscheidend, um die Rechte und Interessen beider Seiten zu wahren und gleichzeitig einen konstruktiven Dialog zu fördern.

Du hast weitergehende Rückfragen zu diesem Thema?

Nimm jetzt Kontakt mit uns auf und erhalte mehr Informationen!